Frauenseelsorge

Erzdiözese München und Freising

Pfingsten

©Walter Nett
Pfarrbriefservice.de

Gott gießt seinen Geist auf Frauen und Männer aus. Das erzählt uns der vertraute biblische Text aus der Apostelgeschichte, den wir am Pfingstfest hören: Die ersten Christinnen und Christen öffnen verschlossene Türen, gehen hinaus und erzählen das Unglaubliche. Bewegt und entflammt von der göttlichen Geistkraft verkünden sie mit Mut und langem Atem die Botschaft Jesu. Es entstehen Gemeinden durch die Gaben dieser begeisterten ersten Frauen und Männern, denen es im gemeinsamen Engagement gelingt, glaubwürdig die Jesusbotschaft zu übermitteln. Für diese erste Lebenszeit der Kirche zeichnet der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom ein erstaunliches Bild. Am Ende seines Briefes nennt er in einer Grußliste die Namen von 29 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dankt ihnen dafür, dass sie auf ihre Weise zum Leben der jungen Gemeinden beitragen: Zehn davon sind Frauen.

 

Brief an die Gemeinde in Rom

Röm 16

1 Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die auch Dienerin der Gemeinde von Kenchreä ist: 2 Nehmt sie im Namen des Herrn auf, wie es Heilige tun sollen, und steht ihr in jeder Sache bei, in der sie euch braucht; denn für viele war sie ein Beistand, auch für mich selbst. 3 Grüßt Prisca und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, 4 die für mein Leben ihren eigenen Kopf hingehalten haben; nicht allein ich, sondern alle Gemeinden der Heiden sind ihnen dankbar. 5 Grüßt auch die Gemeinde, die sich in ihrem Haus versammelt! Grüßt meinen lieben Epänetus, der die Erstlingsgabe der Provinz Asien für Christus ist! 6 Grüßt Maria, die für euch viel Mühe auf sich genommen hat! 7 Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt. 8 Grüßt meinen im Herrn geliebten Ampliatus. 9 Grüßt Urbanus, unseren Mitarbeiter in Christus, und meinen geliebten Stachys! 10 Grüßt Apelles, der sich in Christus bewährt hat! Grüßt die aus dem Haus des Aristobul! 11 Grüßt Herodion, der zu meinem Volk gehört! Grüßt die aus dem Haus des Narzissus, die sich zum Herrn bekennen! 12 Grüßt Tryphäna und Tryphosa, die sich im Herrn gemüht haben! Grüßt die geliebte Persis; sie hat im Herrn große Mühe auf sich genommen! 13 Grüßt Rufus, der vom Herrn auserwählt ist; grüßt seine Mutter, die auch mir zur Mutter geworden ist! 14 Grüßt Asynkritus, Phlegon, Hermes, Patrobas, Hermas und die Brüder, die bei ihnen sind! 15 Grüßt Philologus und Julia, Nereus und seine Schwester, Olympas und alle Heiligen, die bei ihnen sind! 16 Grüßt einander mit dem heiligen Kuss! Es grüßen euch alle Gemeinden Christi.

Neue Einheitsübersetzung 2016

 

Vier Namen aus dieser Grußliste greife ich heraus. An ihrem Beispiel wird die Bandbreite der Geistesgaben deutlich, die jeder und jedem von Gott verliehen wurde und zum Einsatz kommen konnte. Durch die Taufe im Namen Jesu Christi als dem grundlegenden Geschenk, konnten diese Frauen unabhängig von Geschlecht, Herkunft und sozialer Stellung ein Charisma entwickeln, das sie zu Leiterinnen, Seelsorgerinnen, Missionarinnen, Predigerinnen oder Apostelinnen machte.

Nehmen wir als erste Junia, deren Gedenktag am 17. Mai gefeiert wird. Ab dem 12. /13. Jahrhundert wurde ihr Name zu einem Männernamen gemacht, obwohl die männliche Form Junias nirgendwo belegt werden konnte. Andronikus und Junia waren noch vor Paulus Apostel, wie er selbst erwähnt, und setzten sich den Gefahren aus, die mit den missionarischen Reisen verbunden waren. Gemeinsam mit Paulus waren sie sogar im Gefängnis. Es erforderte Ausdauer und Pioniergeist, sich auf das erst entstehende Netzwerk der christlichen Gemeinden zu verlassen, und ein tiefes Vertrauen, sich von Gott begleitet und ermächtigt zu sehen.

Priska wird zusammen mit ihren Mann Aquila als „Mitstreiterin“ des Messias Jesus bezeichnet. Das Wort Mitarbeiterin, das die Einheitsübersetzung verwendet, drückt noch stärker die gleichberechtigte Aufbauarbeit am Werk Gottes aus. Sie waren als Leiterin und Leiter der Hausgemeinde Schlüsselfiguren der Gemeinde und stellen mit ihrem Haus einen Versammlungs- und Lehrort zur Verfügung. Bemerkenswert ist, dass Priska noch vor ihrem Mann genannt wird. Das lässt Rückschlüsse auf ihre hervorgehobene Stellung in der Gemeinde zu. „Mitstreiterin“ sein, das hieß wohl auch „den Hals hinhalten“ bei Anfeindungen und Konflikten.  

Phöbe wird von Paulus gleich in den ersten Zeilen seines Briefes als Leiterin und Seelsorgerin der Gemeinde von Kenchreä vorgestellt. Schwesterlich soll sie Aufnahme und Unterstützung finden, denn dies hat sie auch stets in ihrer Gemeinde getan. Sie ist die Überbringerin des Briefes und nach antiker Gepflogenheit vom Autor autorisiert, Auskunft in theologischer und pastoraler Hinsicht zu erteilen. Sie musste mit den Inhalten des Briefes vertraut gewesen sein.

Von der „geliebten“ Persis erfahren wir, dass sie sich umfassend für das Leben der Gemeinde abmüht, vermutlich dort zur Stelle ist, wo sie gebraucht wird. Paulus übersieht das nicht. Ein Gemeindeleben ohne Frauen mit der zupackenden Art wie Persis ist bis heute schwer denkbar.

Vier Frauen, die ihre Charismen in die ersten Gemeinden einbrachten. Und zweifellos wichtige Ämter innehatten. Auch heute noch wird die sogenannte Charismenliste des Paulus in 1 Kor 12 gerne hergenommen bei Ehrenamtlichenfesten oder zur Begründung einer geschwisterlichen Pastoral. Doch ein ordentliches Ins-Amt-setzen der Charismen heutiger Junias, Priskas und Phöbes steht noch immer aus.

Dabei hat die Geistkraft Gottes uns Frauen doch schon längst gesandt.

Marion Mauer-Diesch

Einige Anregungen verdanke ich meiner Kollegin Anneliese Kunz-Danhauser und dem Buch von Dajana Römer, „Frauen der Bibel begegnen“, Schwabenverlag 2021 (siehe Buchtipps)

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